Wow! In “Yoga” (2022) beschreibt der französische Autor Emmanuel Carrère, wie aus der Idee ein Buch über seine Erfahrungen mit Yoga zu schreiben, eine abenteuerliche und durch Extremerfahrungen geprägte Reise wird. Am Ende steht eben kein Buch über Yoga als Gesundheitspraxis, sondern ein auto-fiktionaler Roman über Sehnsucht, Angst, Liebe, Krankheit und Beziehungen.
Meine Zweifel machen mich immer unausstehlicher, und da ich niemand anderen um mich habe, bin ich zu mir selbst unausstehlich. Und nicht nur unausstehlich: feindselig. Ich werfe mir vor, hier zu sein, ich werfe mir vor, der zu sein, der ich bin. Mein heiteres, feinsinniges Büchlein über Yoga erscheint mir absurd. Und unmerklich schlägt meine Wut in Angst um. In meinem Hirn steigt etwas auf, worüber ich keine Kontrolle habe und das – ja, tatsächlich – Angst ist. Keine begründete, benennbare; das Konkreteste, was ich darüber sagen könnte, wäre: Ich habe Angst, auf dem falschen Weg zu sein. […] Um gegen die Angst anzukämpfen, die mir die Eingeweide zuschnürt, versuche ich, meinen Atem zu beobachten: Es hilft nichts. Und meine Nasenlöcher, das Innere meiner Nasenlöcher, die Empfindungen in meinen Nasenlöchern – wollt ihr mich verarschen oder was?
Ich kann gar nicht richtig sagen, ob ich den Autor letztendlich sympathisch finde oder nicht. Es gibt im ersten Drittel des Buches Passagen, die mir aufgestoßen sind, aber die Geschichte ist sehr einnehmend und bietet überraschende Wendungen auf. Unterm Strich muss ich feststellen: Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, in dem man so sehr das Gefühlt hatte, einer inneren Welt eines anderen Menschen zu folgen. Und das ist insofern faszinierend, als dass ich nicht glaube, sehr viel mit dem Autor gemein zu haben. Eines der Gründe ist sicher das literarische Niveau.
Es ist, als gäbe es hinter ihr, links von ihr, etwas Unförmiges, Dunkles, Bedrohliches, etwas, das ein Bär sein könnte oder ein schwarzer Sack, ein dicker Qualm, ein Wespenschwarm oder irgendetwas Undeutliches, Bedrohliches, irgendwie Schmutziges, das da wimmelt und hochkriecht und sich aufbläht und ihr Angst macht.
Kurz gesagt: Absolute, uneingeschränkte Leseempfehlung!